Stellungnahme der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Beflaggung

Wir Grünen sind überzeugt, dass die große Mehrheit unserer Bürgerinnen und Bürger sich mit unserer Stadt und unserer Region identifiziert und sich zugehörig fühlt – ganz ohne verordneten Nationalstolz oder Lokalpatriotismus.

Über einen Antrag dieser Art würden wir möglicherweise intensiver nachdenken, wenn er von unseren demokratischen Kolleginnen und Kollegen der CDU, SPD oder Freien Wähler käme. Etwa in einer Situation, in der unsere Bundeswehr in einem schwierigen Auslandseinsatz steht oder unsere Einsatzkräfte – Polizei, Feuerwehr, Rotes Kreuz – in einer Katastrophensituation überragende Arbeit leisten. Dann könnte es angemessen sein, als Zeichen der Geschlossenheit hinter unserer Bundesflagge zu stehen und diese beispielsweise symbolisch in unserem Sitzungssaal als Zeichen der Verbundenheit aufzuhängen. Wir könnten uns auch vorstellen, bei einer Erneuerung des Sitzungssaals das Aufhängen der Bundesflagge, der Europaflagge sowie der Wappen der verschiedenen Ortsteile mitzutragen.

Doch wenn dieser Vorgang der Beflaggung nur aufgrund eines Antrags der AfD durchgeführt werden soll, ist für uns klar: Das können wir nur ablehnen. Denn auch den Sinsheimer Vertretern dieser Partei geht es weder um Sinsheimer Sachpolitik noch um identitätsstiftende Maßnahmen für die Sinsheimer Einwohnerschaft. Ihr Ziel ist es, eine öffentliche Debatte zu inszenieren und ihre Wählerbubble mit Content zu füllen. Diese Partei will uns Demokraten mit diesen Musteranträgen testen, die Menschen welche ohne einen deutschen Pass in Sinsheim leben diffamieren und ausgrenzen – allein in dieser Stadt betrifft das rund 8000 Menschen, in Deutschland insgesamt etwa 12,1 Millionen. Vermutlich geht es der AfD auch darum, die CDU bei konservativen Themen zu überholen. Es gibt eine ganze Palette dieser Art von Anträgen.

Die AfD gibt sich als Partei der Patrioten – doch ihr sogenannter Patriotismus ist in Wahrheit nichts anderes als rassistischer und menschenfeindlicher Nationalismus. Unsere Bundesflagge dient ihr dabei nur als Tarnung. Wir erinnern an die rassistischen Kommentare führender AfD-Politiker über die Innenverteidiger unserer Fußball-Nationalmannschaft, Jerome Boateng und Antonio Rüdiger. An die rechtsextremen Pegida-Demonstrationen, auf denen Deutschlandfahnen mit Russland- und Reichsflaggen vermischt wurden. Oder an die „Remigrations“-Fantasien, die auf AfD-Parteitagen unter dem Jubel von Fahnen schwenkenden Delegierten geäußert wurden.

Das alles ist ein bewusster Missbrauch unserer Bundesflagge. Schwarz-Rot-Gold steht mit Sicherheit für etwas anderes. Im Umfeld der AfD lässt sich immer wieder beobachten, dass viele Anhänger dieser Partei „Schwarz-Rot-Gold“ ablehnen und stattdessen „Schwarz-Weiß-Rot“ – die Farben der ehem. Reichsflagge – als die wahren Farben Deutschlands betrachten. Dies zeigt sich deutlich in den Chats und Kommentaren von den AfD-Anhängern im Internet, in denen solche Ansichten regelmäßig geäußert werden.

Wir vom Bündnis 90/Die Grünen appellieren daher an unsere demokratischen Kolleginnen und Kollegen, die wie wir die gleichen Grundwerte teilen im Sinsheimer Gemeinderat: Springen Sie nicht über das Stöckchen, das uns diese vom Verfassungsschutz beobachtete Partei mit solchen Anträgen hinhält. Lehnen Sie solche Anträge ab. Es gibt immer die Möglichkeit, inhaltlich ähnliche Anträge über weitergehende, demokratisch legitimierte Initiativen durchzusetzen.

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